

Denn trotz, dass wir uns hier auf der irischen Insel befinden, die nicht gerade sehr groß ist, ist das Land, wie jeder aus dem Geographie-Unterricht wissen sollte, gespalten. Der südliche Teil mit der Hauptstadt Dublin, wo ich studiere, gehört zur Republik Irland. Der nördliche Teil mit seiner Hauptstadt Belfast aber gehört neben Schottland, Wales und England zum Vereinigten Königreich von Großbritannien. Die ganzen Gründe und historischen Hintergründe will ich an dieser Stelle nicht weiter ausbauen...auch wenn ich das nach meinem Studium des Faches „Irische Geschichte“ gut könnte. Aber als kurze und übersichtliche Zusammenfassung nur soviel:
Nach der Besetzung des katholischen Irland durch die protestantischen Briten, die sich hauptsächlich in der Gegend um Belfast ansiedelten, wurde die Bevölkerung Irlands in vielen Rechten und ihrer eigenen irischen (keltischen) Kultur beschnitten und unterdrückt. Sie mussten sich der britischen Lebensweise anpassen, durften nicht mehr ihre eigene Religion ausleben und auch die irische Sprache (Gälisch) wurde fast vollständig durch die englische verdrängt. Immer wieder versuchten die Iren sich gegen diese Besetzung zu wehren, doch immer wieder wurden diese Aufstände vom übermächtigen britischen Militär blutig niedergeschlagen. Ein dramatisches Ereignis, was auch heute noch für große Kontroversen sorgt, ist die große Hungersnot (Great Famine) zwischen 1845 und 1849, die durch eine Seuche an den lebensnotwenigen Kartoffelpflanzen dafür sorgte, dass sich die irische Bevölkerung aufgrund von Hungertoden und Krankheiten um über die Hälfte reduzierte. Viele flohen und suchten ihr neues Glück in den USA. Anspielungen darauf kennt man vielleicht aus den Filmen „Titanic“ und „Gangs of News York“. Die britische Regierung hätte in dieser Zeit mit Nahrungsmittellieferungen helfen können, was sie aber nicht tat. Dies nehmen vielen Iren den Briten auch heute noch übel und die Tragweite des Ereignisses ist so prekär, dass man im englischen Wikipedia unter dem Begriff „Great Famine“ keinen Eintrag findet und das Ganze von offizieller Seite versucht wird einfach totzuschweigen.

Im Jahre 1922 kam es dann zum Freiheitskrieg bei dem die heutige Republik Irland endlich ihre Unabhängigkeit erlangte. Dafür musste sie aber eine bittere Pille schlucken. Denn um endlich Frieden zu schaffen und dem Krieg ein Ende zu bereiten, einigten sich Vertreter beider Parteien auf einen Kompromiss mit dem Namen „The Irish Treaty“. Dieses Abkommen beinhaltete, dass der Teil Nordirland weiterhin zu Großbritannien gehören sollte. Der Vertreter, der das Abkommen damals für Irland unterzeichnete gilt für viele heute noch als Verräter und wurde nicht lang nach der Unterzeichnung ermordet. In Folge des Abkommens gab es einen Bürgerkrieg in der neuen Republik, zwischen Gegnern und Befürwortern des Abkommens. Die Gegner unterlagen hierbei und die Teilung des Landes war besiegelte Sache. Die Gegensätzlichkeit beider Seiten spiegelt sich auch in der heutigen Parteienlandschaft beider Teile Irlands wieder. Und auch als Folge der Teilung bekam die damals schon existierende IRA, die Irish Republican Army, eine tragende Rolle. Sie setzte sich aus Befürwortern eines vereinigten Irland zusammen, die dies auf gewaltvollem Wege erreichen wollten.
Gerade in der heutigen Zeit ist die IRA als Terrororganisation bekannt, die noch bis vor wenigen Jahren Bomben in London und Belfast gezündet hat, um gegen diese Teilung zu kämpfen. Zu Beginn des Jahres 2007 wurde aber ein endgültiger Friedensvertrag geschlossen und scheinbar kehrt jetzt endlich Ruhe ein in das zerrüttete Verhältnis. Belfast hat sich mittlerweile zu einer schnell wachsenden, typischen europäischen Stadt entwickelt und versucht den Schatten der Vergangenheit zu entfliehen...Das dies aber nicht vollständig gelingt wird spätestens an der Spaltung innerhalb der Bevölkerung deutlich. Noch immer gibt es jährliche Auseinandersetzung zu bestimmten Feiertagen, wenn Protestanten auf Katholiken treffen und auch in der Aufteilung der Stadtteile wird eine Trennung beider ideologischer Gruppierungen deutlich. Da gibt es Stadtteile, die von fast ausschließlich Protestanten bewohnt werden und auch andere wiederum, die einer katholischen Mehrheit gehören. Deutlich wird dies an den Wandgemälden für die Belfast bekannt ist, den so genannten Murals, und die bestimmte politische Gesinnungen ausdrücken. Während in protestantischen Teilen diese Malereien stark patriotisch der britischen Krone gewidmet sind und man an allen Ecken den Union Jack, die britische Nationalflagge, findet, widmen sich die Wandmalereien der katholischen, republikorientierten Teile eher den großen Freiheitskämpfen der Geschichte und ziehen Parallelen zu Südafrika, Palästina, Indien, Spanien, Kuba und dem Totalitarismus der USA. Ein Nebeneffekt dieses Aussöhnungsprozess gleicht einer tragischen Ironie. Um für dauerhafte Ruhe zwischen den beiden Gruppen zu sorgen werden so genannte „Peace Walls“, meterhohe mit Stacheldraht und Kameras „Friedenswände“ errichtet. Mauern, die ganze Viertel voneinander abgrenzen, um ein Aufeinandertreffen anders Gesinnter zu vermeiden. Doch wann wurde in der Vergangenheit schon einmal erreicht, dass etwas zusammenwächst, wenn man es trennt...?!
Diese und einige andere Ecken haben wir bei unsere Stadtrundfahrt sehen können. Leider wurde uns das Ganze durch plötzlich einsetzenden Dauerregen vermiest und so konnten wir die restlichen Sehenswürdigkeiten nur mit Schirm in der Hand und pitschnassen Schuhen erkunden. Ein kulinarisches Highlight war aber noch der Besuch des Queens Market mit all seinen internationalen kulinarischen Genüssen. Auch wenn die Preise deftig gewürzt waren...zum Glück gab es an fast jedem Stand kleine Kostproben zum probieren. Und so konnte man ganz gut den kleinen Hunger milde stimmen ohne auch nur einen einzigen Euro, pardon...britischen Pfund, auszugeben. ;-)Noch so als kleine Info am Rande: Das Lied „Zombie“ der irischen Band „The Granberries“ setzt sich mit der Thematik des Nordirlandkonfliktes auseinander...
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