Freitag, 23. November 2007

Belfast – Die geteilte Stadt

Am vergangenen Samstag hatten wir einen etwas weiteren Ausflug vor uns. Genauer gesagt sollte es dabei sogar in ein anderes Land gehen. Und gerade in dieser Beschreibung liegt auch die tragische Kuriosität der Thematik.

Denn trotz, dass wir uns hier auf der irischen Insel befinden, die nicht gerade sehr groß ist, ist das Land, wie jeder aus dem Geographie-Unterricht wissen sollte, gespalten. Der südliche Teil mit der Hauptstadt Dublin, wo ich studiere, gehört zur Republik Irland. Der nördliche Teil mit seiner Hauptstadt Belfast aber gehört neben Schottland, Wales und England zum Vereinigten Königreich von Großbritannien. Die ganzen Gründe und historischen Hintergründe will ich an dieser Stelle nicht weiter ausbauen...auch wenn ich das nach meinem Studium des Faches „Irische Geschichte“ gut könnte. Aber als kurze und übersichtliche Zusammenfassung nur soviel:

Nach der Besetzung des katholischen Irland durch die protestantischen Briten, die sich hauptsächlich in der Gegend um Belfast ansiedelten, wurde die Bevölkerung Irlands in vielen Rechten und ihrer eigenen irischen (keltischen) Kultur beschnitten und unterdrückt. Sie mussten sich der britischen Lebensweise anpassen, durften nicht mehr ihre eigene Religion ausleben und auch die irische Sprache (Gälisch) wurde fast vollständig durch die englische verdrängt. Immer wieder versuchten die Iren sich gegen diese Besetzung zu wehren, doch immer wieder wurden diese Aufstände vom übermächtigen britischen Militär blutig niedergeschlagen. Ein dramatisches Ereignis, was auch heute noch für große Kontroversen sorgt, ist die große Hungersnot (Great Famine) zwischen 1845 und 1849, die durch eine Seuche an den lebensnotwenigen Kartoffelpflanzen dafür sorgte, dass sich die irische Bevölkerung aufgrund von Hungertoden und Krankheiten um über die Hälfte reduzierte. Viele flohen und suchten ihr neues Glück in den USA. Anspielungen darauf kennt man vielleicht aus den Filmen „Titanic“ und „Gangs of News York“. Die britische Regierung hätte in dieser Zeit mit Nahrungsmittellieferungen helfen können, was sie aber nicht tat. Dies nehmen vielen Iren den Briten auch heute noch übel und die Tragweite des Ereignisses ist so prekär, dass man im englischen Wikipedia unter dem Begriff „Great Famine“ keinen Eintrag findet und das Ganze von offizieller Seite versucht wird einfach totzuschweigen.

Im Jahre 1922 kam es dann zum Freiheitskrieg bei dem die heutige Republik Irland endlich ihre Unabhängigkeit erlangte. Dafür musste sie aber eine bittere Pille schlucken. Denn um endlich Frieden zu schaffen und dem Krieg ein Ende zu bereiten, einigten sich Vertreter beider Parteien auf einen Kompromiss mit dem Namen „The Irish Treaty“. Dieses Abkommen beinhaltete, dass der Teil Nordirland weiterhin zu Großbritannien gehören sollte. Der Vertreter, der das Abkommen damals für Irland unterzeichnete gilt für viele heute noch als Verräter und wurde nicht lang nach der Unterzeichnung ermordet. In Folge des Abkommens gab es einen Bürgerkrieg in der neuen Republik, zwischen Gegnern und Befürwortern des Abkommens. Die Gegner unterlagen hierbei und die Teilung des Landes war besiegelte Sache. Die Gegensätzlichkeit beider Seiten spiegelt sich auch in der heutigen Parteienlandschaft beider Teile Irlands wieder. Und auch als Folge der Teilung bekam die damals schon existierende IRA, die Irish Republican Army, eine tragende Rolle. Sie setzte sich aus Befürwortern eines vereinigten Irland zusammen, die dies auf gewaltvollem Wege erreichen wollten.

Gerade in der heutigen Zeit ist die IRA als Terrororganisation bekannt, die noch bis vor wenigen Jahren Bomben in London und Belfast gezündet hat, um gegen diese Teilung zu kämpfen. Zu Beginn des Jahres 2007 wurde aber ein endgültiger Friedensvertrag geschlossen und scheinbar kehrt jetzt endlich Ruhe ein in das zerrüttete Verhältnis. Belfast hat sich mittlerweile zu einer schnell wachsenden, typischen europäischen Stadt entwickelt und versucht den Schatten der Vergangenheit zu entfliehen...

Das dies aber nicht vollständig gelingt wird spätestens an der Spaltung innerhalb der Bevölkerung deutlich. Noch immer gibt es jährliche Auseinandersetzung zu bestimmten Feiertagen, wenn Protestanten auf Katholiken treffen und auch in der Aufteilung der Stadtteile wird eine Trennung beider ideologischer Gruppierungen deutlich. Da gibt es Stadtteile, die von fast ausschließlich Protestanten bewohnt werden und auch andere wiederum, die einer katholischen Mehrheit gehören. Deutlich wird dies an den Wandgemälden für die Belfast bekannt ist, den so genannten Murals, und die bestimmte politische Gesinnungen ausdrücken. Während in protestantischen Teilen diese Malereien stark patriotisch der britischen Krone gewidmet sind und man an allen Ecken den Union Jack, die britische Nationalflagge, findet, widmen sich die Wandmalereien der katholischen, republikorientierten Teile eher den großen Freiheitskämpfen der Geschichte und ziehen Parallelen zu Südafrika, Palästina, Indien, Spanien, Kuba und dem Totalitarismus der USA. Ein Nebeneffekt dieses Aussöhnungsprozess gleicht einer tragischen Ironie. Um für dauerhafte Ruhe zwischen den beiden Gruppen zu sorgen werden so genannte „Peace Walls“, meterhohe mit Stacheldraht und Kameras „Friedenswände“ errichtet. Mauern, die ganze Viertel voneinander abgrenzen, um ein Aufeinandertreffen anders Gesinnter zu vermeiden. Doch wann wurde in der Vergangenheit schon einmal erreicht, dass etwas zusammenwächst, wenn man es trennt...?!

Diese und einige andere Ecken haben wir bei unsere Stadtrundfahrt sehen können. Leider wurde uns das Ganze durch plötzlich einsetzenden Dauerregen vermiest und so konnten wir die restlichen Sehenswürdigkeiten nur mit Schirm in der Hand und pitschnassen Schuhen erkunden. Ein kulinarisches Highlight war aber noch der Besuch des Queens Market mit all seinen internationalen kulinarischen Genüssen. Auch wenn die Preise deftig gewürzt waren...zum Glück gab es an fast jedem Stand kleine Kostproben zum probieren. Und so konnte man ganz gut den kleinen Hunger milde stimmen ohne auch nur einen einzigen Euro, pardon...britischen Pfund, auszugeben. ;-)





Noch so als kleine Info am Rande: Das Lied „Zombie“ der irischen Band „The Granberries“ setzt sich mit der Thematik des Nordirlandkonfliktes auseinander...


Mittwoch, 21. November 2007

Auf ins Gefecht

Es ist ja schon eine Weile her, dass ich euch das letzte Mal ein paar Grüße aus Dublin geschickt habe. Sorry! Und eigentlich war an dieser Stelle auch ein Bericht über unsere Rundreise durchs Land angekündigt. Diese Story wartet leider aber immer noch darauf, dass sie fertig geschrieben wird. Unterdessen geht das Leben hier aber munter weiter...

Die Ferien sind vorbei und die zweite Hälfte des Semesters läuft schon wieder. Das merkt man nicht nur daran, dass sich mit den zwei Projekten, die wir nebenbei in Eventmanagement und Sales-Management bearbeiten müssen, unsere Arbeit stapelt. Die Zeit fliegt geradezu davon, überall macht sich Weihnachtsstimmung breit und so langsam neigt sich das die Zeit hier dem Ende. Aber damit es wirklich zu einem unvergesslichen und schönen Erlebnis wird, wird auch von Uni-Seiten her einiges getan. Da gibt es immer wieder mal Exkursionen und andere Aktivitäten die angeboten werden. Zwei davon, die wir in den vergangenen Wochen hatten waren ein organisiertes Paintball-Match in den Wicklow Mountains, in der Nähe von Dublin, und das andere war eine Fahrt in die nordirische Hauptstadt Belfast.

Zu unserem Paintball-Match hatten sich fast 80 Freiwillige angemeldet. Das Ziel war allen klar: Spaß haben und mal dem Uni-Alltag entfliehen. Einige schien die Idee sicher auch reizvoll, mal den nicht so beliebten Kommilitonen oder Francis, unserem Direktor, und Darragh, unserem Sales-Dozenten, mal so richtig ein paar Kugeln zu verpassen und sich für die eine oder andere Unannehmlichkeit zu rechen. Also wurde Kampfesstimmung geschürt und auf ging es in die Wicklow Mountains, einer bergigen Region unweit von Dublin. Für all jene, die nicht wissen was man unter Paintball versteht hier eine kurze Erklärung: Bei diesem „Spiel“ geht es darum seine Gegner ähnlich einem realen Gefecht zu jagen und abzuschießen, wie man es aus militärischen Szenarien kennt. Die Waffe mit der man ausgestattet wird, ist mit kleinen Farbkügelchen geladen, die platzen, sobald sie ihr Ziel treffen. Der „Getroffene“ ist somit farblich gut erkennbar markiert. Und da dies mit nicht gerade wenig Druck geschieht (mehr als in Deutschland zulässig), bleibt neben dem Farbfleck auf der Kleidung im schlimmsten Falle auch ein nicht so schöner blauer Fleck darunter zurück.

Nachdem wir unsere Schutzkleidung, Anzüge der irischen Armee, erhalten hatten, wurden die Teams eingeteilt: Team rot und Team grün. Danach ging es also los. Schutzmaske auf, kurze Lagebeeinweisung, Waffe überprüft, entsichert und auf ins Gefecht. Von da an hieß es für etwas zwischen drei und vier Stunden „Feuer frei“ und in verschiedenen Szenarien wurde durch den Wald gerobbt und der Feind gesucht, gesichtet und gejagt. Das größte Problem neben den gegnerischen Angreifern war die Munition, die sich leider ziemlich schnell dem Ende neigte. Doch endlich wusste ich mal wieder, für was meine Grundausbildung in der Bundeswehr denn eigentlich gut war. ;-) Meine Bilanz nach dem Gefecht kann sich sehen lassen: Zwei Treffer in den Rücken mit kleinen blauen Flecken (davon einer aber von einem meiner Mitstreiter, der scheinbar noch nie etwas von Zielen gehört hat) und ein Treffer an der Lippe trotz Schutzmaske, der dafür gesorgt hat, dass diese gleich deutlich dicker wurde. Dem gegenüber steht aber eine gute Trefferzahl mit einigen Meisterschüssen, die mir gezeigt hat, dass ich meine silberne Schützenschnur zu Bund-Zeiten doch nicht nur durch Glück bekommen habe. ;-)

Aber als Gesamtbilanz lässt sich sagen: Wir hatten alle eine Menge viel Spaß und wir vom grünen Team haben dem roten Team (mit beiden Dozenten) so richtig Feuer unterm Hintern gemacht, so dass wir auch als Gesamtsieger hervorgehen konnten.

Der Bericht zu unserem Belfast-Ausflug folgt in Kürze...

Montag, 5. November 2007

Zurück in Dublin

Eine neue Woche hat begonnen und wir sind wieder zurück in Dublin, zurück im Alltag, zurück von unserer Reise quer durch Irland. Den kompletten Reisebericht gibt es innerhalb der nächsten Tage. Aber als kurzes Resumee kann ich zufrieden sagen: Es war toll und ich bin mir ganz sicher, dass ich irgendwann noch einmal den Weg nach Irland finden werde, um viele der Ecken zu erkunden, die wir einfach in den verganenen vier einfach Tagen nicht entdecken konnten oder beim Fahren nur an uns vorbeirauschen lassen mussten...

Hier gibt's noch ein paar erste Impressionen unserer Reise:

Donnerstag, 1. November 2007

Irland in vier Tagen

Wenn man schon mal ein paar Tage frei hat, sollte man versuchen raus aus Dublin zu kommen. Auch wenn die Stadt ihre schönen Ecken hat. Aber mehr als einmal wurde mir schon gesagt: "Dublin ist nicht Irland!". Und Recht haben sie.

Also haben wir uns entschlossen, eine Tour einmal quer durch die Insel und ihre Küsten entlang zu machen. Vier Tage haben wir dafür eingeplant und in ungefähr zwei Stunden geht es los. Das "Wir" setzt sich zusammen aus: Michael, Felix (beide München), Martin (Dresden) und natürlich meiner Wenigkeit...

Unsere, gestern mit Unmengen von Karten, Prospekten und einem tollen Reiseführer, geplante Tour soll uns zuerst durch das Landesinnere an die Westküste Irlands nach Galway führen, dann weiter Richtung Süden an der Küste entlang zu den Cliffs of Moher und dem Ring of Kerry (und einigen anderen Orten die ich jetzt leider vergesse habe), bis wir schließlich über die Westküste mit einem Abstecher über Cork hoffentlich pünktlich am Sonntag irgendwann wieder in Dublin ankommen.

Auch wenn ich es mir gut vorstellen hätte können die Tage auf einem Schaf unterwegs zu sein, aber da hatten meine Mitreisenden etwas dagegen...und ich wäre wahrscheinlich in der Zeit auch nur bis zum Stadtrand von Dublin gekommen. Also haben wir uns ein Auto gemietet das gleich den liebevollen Beinamen "Paddy" bekommen hat, der Slang-Bezeichung für einen Iren.

Dann heißt's jetzt erst einmal Kaffee/ Tee kochen und los gehts...

Schaurige Grüße aus Dublin

Während ich dass hier schreibe ist es mittlerweile nach zwölf Uhr nachts...und es ist Halloween, die Nacht der Geister, Hexen und anderer undefinierbar schauriger Gestalten!
In Deutschland wird man zwar allerorts mit diesem Fest zugepflastert und die Werbung versucht einem glauben zu machen, dass es sich um eines der großen Feste neben Ostern, Silvester und Weihnachten handelt. Doch so richtig populär ist der US-Abklatsch vom deutschen Karnevel irgendwie nicht. Ganz anders hier in Irland, dem eigentlichen Ursprungsland von Halloween. Über die Wurzeln des ursprünglich keltischen Festes und die heutigen Bräuche gibt es viele Geschichten - fest steht aber, dass die vielen irischen Auswanderer Richtung USA einfach auch ihre alten Traditionen in die neue Heimat importierten und sich so Halloween bis heute über die Jahre entwickelt und erhalten hat.

Man muss zugestehen, dass es hier schon schwerer fällt sich dem ganzen Trubel um das schaurige Fest zu entziehen. Vor allem aber auch, weil es einfach ein rießiger Spaß für Groß und Klein ist! Man muss zugestehen, dass sich die Iren bezüglich ihrer Kostüme mächtig ins Zeug legen und dabei nicht nur die Umsetzung der Ideen, sondern auch die Verkleidungsidee an sich einfach unglaublich ist. Und da kann es einem schon einmal passieren, dass man plötzlich auf der Strasse einem 1,70 Meter großen, laufenden Maiskolben begegnet. Derjenige trug ein grünes Irgendwas auf seinem Kopf und war am ganzen Körper mit gelb gefärbter Knallfolie (die aus der Verpackung für technische Geräte) eingepackt. Von der Capri-Sonne-Tüte ,der lebenden Kellogs-Packung und dem übergroßen Lego-Männlein, denen ich heut Abend über den Weg gelaufen bin will ich erst gar nicht reden...

Unseren Abend haben wir in der Nähe des Kneipenviertels TempleBar gestartet, von wo aus auch der traditionelle Umzug begann. Die Parade bestand aus einer bunten Mischung sehr origineller Kostüme und Konstruktionen. Da gab es neben kleinen Kindern in riesengroßen Gemüsekostümen auch Skelette auf Stelzen, Feen und andere Fabelwesen. Das Ganze wurde rhytmisch von einer riesigen Trommlertruppe unterstützt die alle Leute rundherum gut in Laune hielt und einfach zum Mitlaufen animierte.

Nach einer Weile mit dem bunten Wirrwarr und einem Stadtrundgang mit sehr vielen amüsanten und teilweise erschreckenden Begegnungen (weniger wegen der guten Maskeraden, als vielmehr wegen der modischen Fehlgriffe überpropotionierter Irinen) ging es dann ins Porterhouse zurück in Temple Bar, wo man zwischen Graf Dracula und Marion von Nintendos "Mario Brothers" gutes Bier zu Live-Musik genießen konnte. Ein paar mehr Bilder des Abends werde ich in den kommenden Tagen veröffentlichen...

PS: Seit heute Abend weiß ich übrigens auch wie besoffene Teletubbies aussehen...